essen und wochenende


Jetzt gibt es Lucy. Sie spricht nicht viel und wenn sie lacht, kann man sich nie ganz sicher sein, ob es ein an- oder auslachen ist. Sie ist zierlich und hat lange schlingernde Arme. Sie kocht herrlich, lokale Küche par exellence. Inshima, der traditionell zubereitete weisse Mais (eine Art dicke Polenta), grünes Blattgemüse, Tomaten, Süsskartoffeln, gelegentlich einmal Reis und Fisch oder ein Stückchen zähes Fleisch. Welche Wohltat, bekocht zu werden, auch wenn die Portionen etwas grösser sein dürften.
Und weil sie es so gut macht (der initiale Enthusiasmus hat sich auch hier wieder etwas relativiert), hat sie Maxon ein wenig abgelöst - sie arbeitet jetzt im und er ums Haus.
Das Frühstück besteht aus Scones und Bananen. Für diejenigen die mögen, gibt es noch eine Zuckerpaste, die Mangomarmelade genannt wird. Ansonsten gibt es eine Variation zwischen Avocado, Eiern, Tomaten und den Frühstückszutaten. Das sind sozusagen die Grundnahrungsmittel. Maxon gibt es immer noch, er ist nun hauptsächlich Wasserträger und Gärtner – irgendwie scheint er darin mehr seine Berufung gefunden zu haben.
Die letzten importierten Dinge sind aufgebraucht oder neigen sich dem Ende zu. Da gabs mal ein wenig südafrikanischen Käse, Olivenöl und Schokolade, das letzte Stück Butter wird immer kleiner. Man träumt sich mit einer hartnäckigen Regelmässigkeit durchs Schlaraffenland – von Glace bis Käse, von Salat bis Schokolade und Wurst.
Die nächsten Tage noch ist das Swiss ein Viermädel House. Da sind noch Seraina, die Medizinstudentin und Pascale, eine neunzehnjährige Praktikantin. Pascales erhoffte Arbeit mit Kindern im Waisenhaus wurde gezwungenermaßen umgewandelt, da sich dieses 40km von Kashikishi entfernt befindet. Meist hilft sie in der Apotheke mit, immer wieder besucht sie die lokalen Schulen, wo die Züchtigung der Kinder auch noch zum Alltag gehört. Sie bringt ein Stück vom gesunden Alltag in Kashikishi nach Hause, von diesem sehen wir ansonsten wenig bis gar nichts.
Da gibt es die Besuche auf dem lokalen Markt, in der Regel am Wochenende und dann mit halbem Sortiment. Überall finden sich Kleiderhaufen, Hände wühlen darin herum. An den bedruckten T-Shirts lassen sich unschwer die Kleiderspenden von Caritas und Konsorten erkennen.
Dann war da der Ausflug ins Restaurant Havanna. Candlelight-Dinner, Inshima, Ifisashi (so heisst das grüne Blattgemüse mit geriebenen Erdnüssen) und Fisch. Also so wie immer – nur das essen ist anders: mit der Hand, so wie es sich hier gehört.
Und es gibt die Kollertage. Tage an denen einfach eine Dusche und ein Stück Käse den Unterschied machen würden. Die Tage an denen man auf dem Weg zum Markt, weil es absolut nichts mehr zu essen im Haus gibt, nicht hören will, dass Elvis wieder halbtot ins Krankenhaus zurückgebracht wurde. Elvis, einer von tausenden HIV-Patienten, den Jana mühevoll davon überzeugt hat, dass er seine Medikamente einnehmen muss. Und an der nächsten Ecke ein Mädchen bitterlich weinen sieht - die Bestätigung folgt im Eckladen: eine Mutter ist unmittelbar nach der Geburt des Kindes gestorben. Dazu muss man sagen: weinende Kinder sind hier eine Rarität und es gibt weiss Gott unzählbar viele davon. Man kann also davon ausgehen, dass ein bitter weinender Mensch hier gerade einen Angehörigen verloren hat.
Sonntagsfrühstück
Der Kirchenbesuch heute morgen ist bereits in weite Ferne gerückt. Die Predigt war sekundär – auf Bemba. Aber die Fröhlichkeit, das Lachen und das Singen waren wohltuend. Der Radiologieassistent, derjenige, der immer die Bilder zum trocknen an die Sonne hängt, ist auch hier der Assistent. Voll stolz präsentiert er seine one and only daughter Theodora. Mit ihrer Frisur gleicht sie einem Pfau mit einer einzigen Feder in Miniatur.
Normalerweise geniessen wir am Sonntag den Garten und die Kirchenmusik zum Frühstück - ein wenig Frieden im Elend.
Aufwärmen
Am Sonntag sind auch meist die lokalen Fussballspiele, leider weiss man nie genau, wann sie beginnen. Halb Kashikishi pilgert nach der Kirche dahin und das bedeutet einen ganzen Rattenschwanz an Prävention: weniger Alkohol für die Männer, weniger geschlagene Frauen, weniger gezeugte Kinder, weniger HIV und was einem sonst noch so einfallen mag.