jwala


Ein Linienflug nach Johannesburg mit dem Versuch auf dem Boden zu schlafen. Nach fünf Stunden wird diesem zweifelhaften Vergnügen durch einen äusserst korrekten Flight Attendant ein jähes Ende gesetzt.
Vielleicht noch einige Worte zu unserem Gepäck: es ist äusserst üppig. Das gemietete Auto für den Transfer zum Flughafen Lanseria muss zu einem Mini-Van gewechselt werden. Tommi, die gute Seele des Kashikishi-Projektes, unser Pilot und Mann für alles, muss ziemlich leer schlucken. Mit Millimeterarbeit wird die einmotorige Cessna mit sechs Sitzplätzen beladen, zwei davon fallen unserem Gepäck zum Opfer und das Wort Beinfreiheit erhält eine ganz neue Bedeutung.
Kopfhörer auf und ab in die Luft, das Abenteuer hat begonnen. Es ist dunstig und der Smog auch nicht zu vernachlässigen – die Sicht ist dementsprechend. Trotzdem ist es fantastisch so über Afrika zu düsen, wobei wir eher propellern. Die Farbe der Erde wechselt von rot zu braun, gelegentlich lässt sich eine Art grün erkennen. Die Flüsse bestehen nur noch aus ihrem Bett, wie sandfarbene Riesenschlangen oder Strassen ziehen sie sich über die Erde.
Erstens kommt es anders und zweitens als man denkt – in meinem Fall nicht so schlimm, da ich ja über die Reiseroute nach Kashikishi nicht so viel nachgedacht habe, wohlwissend mich allzeit in guten Händen zu befinden. Zwischenstop in Botswana – International Airport im Nirgendwo: eine Rollpiste, eine Hüttenformation mit Strohdach, ein verlassener Tower aus braunen Steinen und ungefähr viermannhoch. Die Zöllner werden per Telefon bestellt und müssen erst mit dem Auto anfahren. Es kommt zum Erstkontakt mit der afrikanischen Tierwelt:
Cricket
Ankunft in Jwala, ein irdischer Garten Eden. Eine Hand voll Hütten, kein Netz, Strom via Solarzellen. Eine bezaubernde Stille und jede Menge von diesem weichen afrikanischen Licht - in das man eintauchen möchte, das man aufsaugen will, damit man die Welt nie mehr mit anderen Augen sehen muss.
Und schon sitzen wir im Jeep und fahren der untergehenden Sonne durch eine unendliche Weite entgegen. Apéro in the middle of nowhere - bis die Sterne aufgehen; das ist hier ungefähr um viertelnachsechs. Das Kreuz des Südens und das Schwert des Orions (manche nennen es den Dolch, war ja schliesslich ein Jäger) verschwinden in einer Flut von Sternen, im ungeduldigen Gesprenkel der Milchstrasse. So viel unglaublich schön scheint beinahe zu viel für so eine kleine Menschenseele.
Am Abend wird entschieden noch einen Tag hier zu bleiben – ich bin froh, so hab ich Zeit, Afrika in Etappen einzulassen.
Neuer Tag, neue Ausfahrt: scheue Zebras suchen die Weite, bevor man ihre Streifen richtig bewundern kann. Inpala-Gazellen imponieren mit ihren eleganten Sprüngen. Und dann kommt mit ihrer Majestät die Giraffe – stoisch bleibt sie an Ort und Stelle, posiert als hätte sie geübt für dieses Fotoshooting. 
Eine Warzenschweinfamilie galoppiert mit ihren kurzen Beinchen hinter die nächsten Sträucher. Ich lerne Safari-Slang: Sundowner, die Zeichnung der Tiere – wir haben eine grossartige Führung.
In der Abenddämmerung feiern die Paviane ihr Fest in nahgelegenen Baumwipfeln, ein schaukeln und springen, dass sich die Kronen wie im Sturme biegen. Lautes Knacken: ein Elefant bricht sich im Hintergrund sein Abendmahl vom Baum. Zum Apéro wird heute selbst geräuchertes Impala serviert – eine Köstlichkeit, die auf der Zunge schmilzt. Das Managerpaar erzählt über Botswana. Über die Dürre im letzten Jahr, das Sterben der Tiere und die Dezimierung der Herden. Neu sind die bezahlten Grosswildjagden für Touristen verboten, keiner kann sich mehr für ein paar tausend Dollar seinen persönlichen Löwen erlegen. Die spontane Neigung dies gutzuheißen, wird entkräftet: über Jahrzehnte hat sich eine Art Gleichgewicht zwischen Jägern und Gejagten entwickelt, die Geldeinnahmen der Jagd fliessen grösstenteils zurück in die Arterhaltung. Wir hören über die dünne Schicht fruchtbare Erde: der Versuch Gemüse anzupflanzen, hat eine Ernte von dicken Stummel-Karotten eingebracht, da der darunterliegende Lehm zu dicht ist um durchdrungen zu werden. Das Herzblut gegenüber Flora und Fauna springt über.
Trotz Paradiesgefühl bleibt eine leise innere Unruhe: Kashikishi wartet noch.
Zum Internet-Zugang nur soviel: ist’s Africa !