Am Rande der Rollbahn, einen eigentlichen
Flughafen gibt es nicht, scheint sich ganz Kashikishi versammelt zu haben: eine
Gruppe in weiß wohnt einem Begräbnis bei, weiter hinten das Empfangskomitee aus
Nonnen, Schwesternschülerinnen und Helfern. Gefühlte tausend Augenpaare auf
Hüfthöhe starren und lachen, einige senken schüchtern den Blick wenn sich die
Augen treffen. Dreikäsehochs tragen noch Kleinere auf ihre Rücken gebunden – nie
habe ich dreckigere Kinder gesehen. Wahrscheinlich aber auch nie mehr Neugier
und Fröhlichkeit.
Die zwei asphaltierten Straßen laufen seitwärts in
die rote Erde aus; bald nimmt die geteerte Strecke ein Ende. Im Schritttempo an
der Kirche vorbei, schräg gegenüber liegt das neue Daheim. Einzug ins Swiss
House – diese Bezeichnung hat auch schon mehr Komfort versprochen. Dennoch
verhilft ein Blech-Tor Haus und Garten mit Blick auf den See zu einer
geschützten Insel.
Ebenerdig fügen sich vier Zimmer aneinander,
einstmals liebevoll in Gelb und Blau gestrichen, jetzt mit den Spuren der Zeit
versehen. Rot wie die Erde ist auch der Boden, seine Farbe verdankt er
Schuhwichse. Ein kleiner zur Küche umfunktionierter Raum mit Benzinherd und Abstellkammer.
Die Betten sind Metallgestelle mit zum Teil fehlenden Federn und durchgelegenen
Matratzen, das Schlafgefühl kommt dem Liegen in einer Badewanne gleich.
Intermittierend gibt es fließendes Wasser,
ansonsten wird es von vor dem Haus hinein gebracht, manchmal auch von der
nächsten Pumpe Richtung Dorf. Mehrere gefüllte Tonnen in verschiedenen Räumen
sorgen für beständigen Wasservorrat. Diesen lernt man schnell zu schätzen, denn
das tatsächlich fließende Wasser löst mit seiner Seltenheit schon bald
Hurra-Gefühle aus. Wenigstens muss man sich bezüglich Quantität keine Sorgen
machen: Grundwasser in Seenähe gibt es reichlich. Der Anblick der Dusche ist und
bleibt ein Graus. Das Duschen mit dem Krug aus der Tonne geht nach ein paar Mal
üben ganz gut. Allerdings hilft es, diese Tätigkeit im Anschluss an eine
hitzige Angelegenheit zu planen. Das WC hat seinem Namen auch schon zu mehr
Ehre verholfen: das Spülen, mit von Hand gefüllten Krügen,verkümmert zeitweise
zu einer Verdünnungsaktion.
Genauso zuverlässig wie das Wasser ist die
Stromversorgung: manchmal kommt am Ende der Leitung nur noch die Helligkeit
einer sterbenden Taschenlampe an, regelmässig gibt es während Stunden gar
keinen Strom, die Dunkelheit kommt um sechs Uhr abends. Mit Stirnlampe bestückt
und Ikea-Leselampen mit Solar-Akkus lässt es sich zumindest essen
und lesen.
Die Räumlichkeiten werden mit Geckos, Spinnen, Kakerlaken und Moskitos geteilt.
Unterm Kühlschrank lebt eine Maus – wenigstens fressen die Einen die Anderen,
z.B. die Maus den Gecko.
Hinter dem Haus gibt es einen prächtigen
Mangobaum. Leider zur Zeit ohne Früchte, dafür beherbergt
er eine handtellergrosse Spinne und eine weisse Eule. Dahinter erstreckt sich Lake Mweru gross
wie ein Ozean. Abends das Funkeln und Glitzern von zahllosen Fischerbooten; man
wähnt sich in einer Bucht der Côte d’Azur.
Das Moskitonetz hängt, der Schlaf kommt.
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