Manchmal, am Ende von Latein, Deutsch, Bemba und Englisch bleibt nur noch das Lachen. Auf dem Bett, oder im morgendlichen Meeting zu sitzen und
den Bauch wackeln lassen, bis die Welt wieder aus dem Meer der Absurditäten
auftaucht.
Die Meetings beginnen drei Mal die Woche je nach Tag um halb
acht oder acht. Da kann es schon passieren, dass es zuhause nicht für die
gesamte Körperpflege reicht. Einerseits der Versuch den ausführlichen Gesprächen über dies und das des Spitalalltags zu folgen, andererseits Gedanken, die sich dazwischenschieben: schon wieder vergessen die Fingernägel zu
schneiden. So dringt von schräg vis-à-vis ein lautes
klicke-di-klick in dieses morgendliche wach-werden. Einer der erfahrensten medical licensiate hat seinen
Nagelklippser gezückt und nutzt offensichtlich die Zeit. Im Gegenlicht der Morgensonne lässt sich die Flugbahn der Nagelsplitter allzu minutiös verfolgen. Eine Bemerkung zu Jana und die Vorstellung, das obere Kader in der Schweiz würde sich am Ärzterapport entsprechend verhalten, ist einen lauten Morgenlacher im Duett wert.
Abends um elf, Ende Kaiserschnitt, die Patientin muss
umgelagert werden. Da gibt es Oscar, den OPs-Hilfspfleger, und mich, zwei Liegen
auf Rollen ohne Arretierungsmöglichkeit und einen schummrig beleuchteten Flur.
Die frischoperierte Patientin muss von einer Liege auf die Andere. Mal wieder in den
schweizer Modus verfallen (für so einen Patiententransfer gibt es da in der Regel
vier oder mehr Leute und der Patient wird möglichst behutsam verlagert), wird die Frage
nach dem wie, mit einem simplen „just roll her over“ beantwortet. Es reicht
gerade noch für einen Ausfallschritt um zu vermeiden, dass die noch halb
narkotisierte Patientin zwischen zwei rollenden Betten zu Boden geht. Bevor ein weiterer Gedanke gefast werden kann, holt Oscar einmal
schwungvoll aus und rollt die Patientin – einem grossen Wasserfass gleich - von A
nach B. Es geht also auch allein – just roll her over.
Wieder abends um zehn, drei junge Nonnen – alle in
hellblauen Gewändern und mit weisser Kopfbedeckung - huschen plötzlich eiligen
Schrittes durchs Spital. In der OPs-Umkleide trifft man die Schwestern wieder,
gerade ziehen sie verstohlen die grünen OPs-Hosen unter ihr blaues Gewand. Wär
ich nicht so unendlich müde, müsst ich auch hier herzlich über die drei
schüchternen Nonnen, die ihr Abendprogramm aufpeppen, indem sie sich spätabends
in den OPs schleichen, lachen. So endet das Ganze damit, dass ich den Nonnen
wieder einen Gummischuh abluchsen muss (im Regal stehen nur noch drei für
den rechten Fuss) und zum guten Schluss mit einem grünen und einem weissen Plastikschuh
am Fuss auf dem Weg ins Theatre 2 feststelle, dass ich zwei unterschiedlich lange
Beine habe. Kurz darauf erklingt auch schon wieder der Schlachtruf „dirty but
sterile“ beim Abdecken der Patientin mit einem besonders dreckigen Exemplar der sterilen Tücher. Nicht vergessen zu erwähnen, dass die Handschuhe Grösse 7,5 oder
8 haben und es sich anfühlt, wie wenn man als Kind in den fünf Nummern zu
grossen Stöckelschuhen von Mamma herumwackelt (normal ist es 6.5).
Auch immer eine gute Lachnummer ist die Gebärdensprache,
wenn grad keiner zum übersetzen da ist – die richtigen Gesten müssen noch entdeckt werden, des Öfteren Lachen zwanzig Patienten und Angehörige mit. Man stelle sich
den Muzungu-Doc vor, wie er der Patientin das sich-erbrechen vorführt und trotz
Pantomime auf die entsprechenden Geräusche nicht verzichtet. Wie so oft, endet das
Ganze Spektakel mit einem ratlosen Arztgesicht bezüglich der Antwort und noch
mehr Gelächter auf allen Seiten.
Herzerwärmend wird das Lachen, wenn die frischgebackene
Grossmutter mitten im Gebärsaal einen kleinen Afrodance zum Dank für die Hilfe
der Muzungu bei der Geburt aufführt. Muzungu ist die schwarzafrikanische
Bezeichnung für Weisse und kann die unterschiedlichste Klangfarbe annehmen. Von
lustig glucksend über staunend und ängstlich, kann es Ehrerbietung und
unverhohlene Neugier oder gutmütigen Spott ausdrücken. Ganz selten klingt es
verachtend oder leicht bedrohlich – wobei letztendlich alles genannte eine
Interpretation bleibt, da die übrigen Worte in Bemba unverstanden
vorüberziehen.
Es bleibt auch nichts wie lachen, wenn man sich nach einem
ewig scheinenden Tag und dem Kontakt mit diversen Körperflüssigkeiten im
Schlafzimmer wiederfindet, und die sehnlichst erwünschte Dusche in Form einer
Abreibung mit Feuchttüchlein stattfindet, weil in und vor dem Haus, nicht
einmal mehr Wasser zum Händewaschen ist. Der gute Maxon hat es ganz einfach vergessen. Oder wenn man beim power-cut schon wieder die Hose verkehrt herum angezogen hat.
So werden oft abends am Bettrand die vielen zum Teil so abstrusen Dinge des Tages noch einmal lebendig, lösen sich im Lachen auf, finden Ruhe oder bleiben als Fragezeichen zurück.
So werden oft abends am Bettrand die vielen zum Teil so abstrusen Dinge des Tages noch einmal lebendig, lösen sich im Lachen auf, finden Ruhe oder bleiben als Fragezeichen zurück.